Winglets und Sharklets – Die Flügelenden einfach erklärt!
Moderne Verkehrsflugzeuge haben immer häufiger nach oben geklappte Enden an den Tragflächen. Diese Enden nennen sich „Winglets“ (oder je nach Form auch Sharklets, Wingtips, etc.). Diese Winglets sehen natürlich nicht nur gut aus, sondern haben auch einen ganz bestimmten Zweck. Um diesen Zweck etwas zu erläutern, holen wir ein wenig aus. Viel Spaß!

An dieser UPS 747-400F könnt ihr an den Tragflächenenden die nach oben gebogenen Winglets gut erkennen!
Wirbelschleppen – unökonomisch und gefährlich!
Im Flug erzeugt das Flugzeug hinter sich sogenannte Wirbelschleppen. Das sind zopfartige, sich gegenläufig drehende Luftverwirbelungen. An sehr feuchten Tagen kann man diese als schmalen Streifen hinter den Tragflächen beobachten (das ist besonders für Planespotter wie mich schön anzusehen und interessant)!

Eines meiner Lieblingsflugzeuge – Die MD11 – Kurz vorm Touchdown in Köln! Auch sie hat große Winglets!
Je nach Gewicht des Flugzeuges sind diese Wirbelschleppen unterschiedlich stark. Je höher die Masse des Luftfahrzeugs, desto stärker die Wirbelschleppe. Abhängig von der Intensität dieser Wirbelschleppe kann dies für nachfliegende Flugzeuge richtig gefährlich werden. Insbesondere, wenn diese Flugzeuge kleiner und leichter sind. Diese Tatsache macht eine Staffelung der Flugzeuge im An- und Abflug nötig und ist ein wesentlicher Faktor für die maximale Kapazität eines Flughafens. Ein Beispiel: Eine Cessna, die hinter einem A380 landen will, muss mindestensacht nautische Meilen hinter dem Koloss anfliegen, und das mit einem zeitlichen Abstand von drei Minuten.
Was bringen Winglets denn nun?

Eine Delta Boeing 767-300ER mit riesigen, 3,45 hohen Winglets – Größere hat kein Passagierflugzeug!
Doch nicht nur für andere Flugzeuge sind Wirbelschleppen ungünstig; verwirbelte Luft wirkt sich auch negativ auf den Spritverbrauch aus. Hier kommen nun die Winglets ins Spiel, denn diese gleichen die Luftverwirbelungen an den Tragflächenkanten nämlich aus und reduzieren somit den Verbrauch von Kerosin um ungefähr 3–5%. Natürlich freuen sich auch die Anwohner, denn durch den geringeren “induzierten Widerstand” ist auch ein geringerer Schub nötig. Die Lärmemissionen sinken also!
Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Winglets auch Vibrationen an den Tragflächen mindern. Winglets können je nach Ausführung recht hoch sein. Die größten finden sich an der Boeing 767-300ER (3,45 Meter). Eine moderne Form der Winglets sind die „raked Wingtips“, also elegant nach oben geschwungene Tragflächen, wie sie zum Beispiel die Boeing 787 besitzt. Diese Form wurde durchneue Baumaterialien möglich gemacht und kommt dem natürlichen Vorbild, dem Flügel eines Vogels, immer näher.

Rotate! Hier startet eine wunderschöne Etihad Boeing 787-9 in Düsseldorf Abu Dhabi entgegen. Gut zu erkennen: Die eleganten “Raked Wingtips”!
Die Idee für Winglets hatte ein gewisser Frederick W. Lanchester übrigens schon 1897. Also noch vor dem ersten Motorflug! Er meldete ein ent-
sprechendes Patent an. Im Zweiten Weltkrieg bedienten sich einige Flugzeuge dieser Idee. 1970 also, im Zuge der Ölkrise, beschloss die NASA, die alten Patente weiterzuentwickeln und voranzutreiben. Das erste Passagierflugzeug mit Winglets (damals als sogenannte „Wingtip Fences“, Flügelendscheiben) war der Airbus A310-300.

Das größte Passagierflugzeug der Welt, der Airbus A380, beim Start in Düsseldorf. Der A380 besitzt, wie auch der Airbus A310, sog. Wingtip Fences!
Winglets und Sharklets – Nicht nur Vorteile
Winglets reduzieren also den induzierten Widerstand (induced Drag) des Flugzeugs, und der Treibstoffverbrauch sinkt. Dieser Effekt ist immer genau dann stark, wenn der Anstellwinkel des Flugzeugs groß ist. Also im Langsamflug bei der Landung, beim Start und auch im Reiseflug, denn hier ist die “True Airspeed”, also die Geschwindigkeit relativ zur Luft” geringer. Deswegen eignen sich Winglets besonders bei Strecken mit einem längeren Reiseflug-Anteil.

Ein Eurowings Airbus A320 mit “Sharklets”
Es gibt aber auch einen Nachteil der “Eselsöhrchen”, denn sie wiegen natürlich auch etwas. Und jedes Kilogramm, das ein Flugzeug zusätzlich in die Luft bugsieren muss, kostet Sprit! Außerdem erhöhen nicht nur die Winglets an sich das Gewicht. Auch die Tragflächenenden müssen bei einer Nachrüstung verstärkt werden. Außerdem erhöht sich durch die Winglets bei Flugzeugen die Spannweite geringfügig. Auch das Flugverhalten ändert sich, laut Piloten, spürbar.
Es ist also demnach fliegerisch ein Unterschied, ob man einen herkömmlichen Airbus A320, oder einen mit nachgerüsteten Sharklets fliegt. Durch den geringeren induzierten Widerstand reagiert das Flugzeug nicht ganz so schnell auf Schubreduzierungen. Auch wirken Sharklets, vereinfacht gesagt, wie eine Vergrößerung des Seitenleitwerks (das Ding am Heck des Flugzeugs auf dem das Airline Logo prangt). Dadurch sind bei Seitenwindlandungen höhere Ruderausschläge von Nöten (laut Scienceblog.de). Genauer sind die genannten Phänomene übrigens hier beschrieben!
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Aaron
Danke für die interessanten Infos. Ich hab’ kürzlich eine B737 geknipst, die hatte eine Form von Winglets, die ich so vorher noch nie sah: nach oben und nach unten geschwungen… Wie nennt man denn die?
siehe: http://ker.li/sk
Sehr gut beschrieben, muss eigentlich Jeder verstehen können.
Danke dir! LG, Aaron!