Pilot Report: Die SWISS Bombardier CS-100 aus Pilotensicht!
Hallo liebe Leser. Heute wird es mal wieder Zeit für einen Blick ins Cockpit. Nicht in irgendeins: Die Rede ist vom Cockpit des fortschrittlichsten Kurz- und Mittelstreckenflugzeuges unserer Zeit: Der Bombardier CS100! Sascha D’Angelo, First Officer bei SWISS, nimmt Euch mal wieder mit nach vorne. Viel Spaß!

Die CS100 in ihrer ganzen Pracht! SWISS ist der weltweit erste Betreiber dieses Musters.
Bombardier CSeries – modern, ergonomisch, effizient!

Sascha im Cockpit “seiner” CSeries!
“Dürfen wir mal eben einen Blick ins Cockpit werfen? Wow, riesige Bildschirme!” und “Wie fliegt es sich auf dem neuen Flieger? Sieht sehr aufgeräumt aus!”
Sätze wie diese gehören, seit dem ich mit der CSeries im täglichen Linienbetrieb unterwegs bin, fest zum Arbeitsalltag. Ich hatte das Privileg zu den ersten Copiloten weltweit zu gehören, die in den Genuss des spannenden Type Ratings auf diesem brandneuen Fluggerät gekommen sind. Der Hersteller Bombardier ist beim Designen des Flugzeuges im Vorhinein auf die Airlines zugegangen und hat sich erkundigt, auf was es ihnen bei einer Neuentwicklung ankommen würde. Daraufhin haben die Ingenieure sich nach dem „clean sheet“ Konzept an die Arbeit gemacht und ein völlig neuartiges Flugzeug kreiert. Was das Fliegen und die Arbeit im Cockpit so besonders macht? Puh, wo fange ich da bloß an… 🙂

Das Cockpit der CS100
Im Cockpit der Bombardier CSeries – HUD und mehr!
Vermutlich wird Piloten beim Blick ins Cockpit als erstes das Head-Up Display (HUD) auffallen. Wie der Name schon sagt soll es den Blick des Piloten nach oben richten und das Scanning der wichtigsten Flugparameter erleichtern. Zu diesem Zweck wird ein Großteil der PFD (Primary Flight Display) Anzeigen direkt auf Augenhöhe projiziert.

Das CS100 HUD. Wie man sieht, sind alle wichtigen Flugparameter im Blickfeld des Piloten: Geschwindigkeit, Höhe, Fluglage und Kurs auf einem Blick!
Somit hat man beispielsweise im short final sowohl die nötigen Parameter, als auch die Piste direkt vor Augen und häufige Blickwechsel werden hinfällig. Vor allem bei anspruchsvollen Anflügen mit niedriger Sicht ist das äußerst hilfreich. Auch beim Takeoff roll hat der Pilot flying stets die kritischen Speeds, aber auch die Piste in Sicht – der Blick ist also immer auf das Wesentliche gerichtet.
Ein weiteres Detail sei an dieser Stelle noch erwähnt: das Control Tuning Panel, auf dem wir Funkfrequenzen eindrehen, den Transponder einstellen und Navigationsgeräte bedienen, wurde auf dem Glareshield und somit ebenfalls auf Augenhöhe angebracht. Damit finden die meisten Manipulationen im Verlauf eines Fluges wirklich mit Blick nach vorne statt. Aus ergonomischer Sicht ist die CSeries also vielen herkömmlichen Flugzeugen definitiv überlegen.
Das Surface Management System (SMS) und die Electronic Checklist (ECL)
Auch die fünf großen Displays tragen wesentlich zum übersichtlichen Design des Cockpits bei. Wir haben die Möglichkeit Navigationskarten, das Flight Management System, das Kommunikationssystem, alle Checklisten, die verschiedenen Flugzeugsysteme und die Videoüberwachung auf jedem beliebigen Display darzustellen – so wie wir es für die jeweilige Situation gerade brauchen. Zwei Funktionen möchte ich hierbei gerne hervorheben: das Surface Management System (SMS) und die Electronic Checklist (ECL).
Auf dem SMS wird das Flugzeug mithilfe von GPS auf eine moving Map projiziert, was das Rollen auf komplexen Flughäfen enorm erleichtert – jeder, der schon mal nachts bei Nebel in Paris von der Piste zum Standplatz gerollt ist, wird mir sicher zustimmen 😉
Die ECL hat die Checklisten-Arbeit in unseren Cockpits wahrlich revolutioniert. Alle Checklisten werden auf der CSeries nämlich auf den Displays dargestellt und abgearbeitet. Wenn das System beim Bearbeiten einer Checkliste einen Schalter in der vorgesehen Position „sensed“, dann wird der Punkt automatisch als grün abgehakt und muss nicht mehr explizit angesprochen werden. Das erspart viele Worte und bietet einen zusätzlichen Safety Layer.

Die elektronische Checkliste!

Das Navigation Display der CS100 ist äußerst übersichtlich dargestellt!
Umweltfreundlich durch ein hohes Nebenstromverhältnis!
Da ich zuvor auf dem Avro RJ100 und somit ganz ohne fly-by-wire geflogen bin, hatte ich anfangs großen Respekt vor der neuartigen Steuerungstechnik. Allerdings hat es sich bereits in der ersten Simulator Session als äußerst angenehm und direkt erwiesen.
Die CSeries wird per Sidestick gesteuert und ist „speed stable“ konzipiert. Wenn ich den Flieger also manuelle steuere, dann muss ich wie bei konventionellen Flugzeugen trimmen. Es fühlt sich dadurch sehr intuitiv und direkt an – die Umgewöhnung von Steuerhorn zu Sidestick ging somit recht schnell und mittlerweile spüre ich es gar nicht mehr, dass die Inputs von einem fly-by-wire System umgesetzt werden.
Für den nötigen Schub kommen Pratt & Whitney PurePower PW1524G Getriebefantriebwerke zum Einsatz. Das Spezielle im Vergleich zu herkömmlichen Triebwerken ist, dass der Fan durch ein Untersetzungsgetriebe mit der Niederdruckturbine verbunden ist und somit beide Komponenten im optimalen Drehzahlbereich betrieben werden können. Das Triebwerk zeichnet sich darüber hinaus durch ein enorm großes Nebenstromverhätlnis von 12:1 aus (im Vergleich: B737 & A320 ~6:1). Dadurch konnten die Verbrauchswerte, der CO2-Ausstoß und die Lärmemissionen deutlich gesenkt werden. Bei SWISS kommen die leistungsstärksten Triebwerke dieser Art zum Einsatz und können bis zu 104 kN Schub generieren.

Blick auf die nächtliche Runway aus dem Cockpit!
Für unser Streckennetz ist die CSeries damit ideal geeignet, weil sie in absehbarer Zeit die Zertifizierung für sogenannte „steep Approaches“ (Anflüge mit über 4,5° Gleitwinkel) erhalten wird und auf sehr kurzen Pisten landen kann. Wir können sie dann auf sehr speziellen Flughäfen, wie London City oder Florenz einsetzen, wo bisher der Avro RJ100 im Flugplan stand, der nach und nach unsere Flotte verlässt. Auf die spannende Operation an diesen Flughäfen freue ich mich jetzt schon wieder! 🙂
Die C-Series – Nicht nur bei Piloten beliebt!
Auch für die Passagiere bietet die CSeries eine Fülle an Vorteilen. Die Kabine kommt mit einem sehr modernen Erscheinungsbild daher und wurde mit verbesserten und breiteren Sitzen ausgestattet. Auch die Fenster sind gut 30 % größer und sorgen für einen angenehm hellen Fluggastraum. Der Passagierkomfort wird außerdem durch die innovativen Sitze von ZIM mit ihrem Design aus der Automobilindustrie erhöht. Dank einer Mittelstütze bieten diese bei gleichem Sitzabstand mehr Beinfreiheit. Größere Gepäckfächer und eine verbesserte Kabinenbelüftung runden das neuartige Reiseerlebnis für die Passagiere ab.
Zuletzt sei noch die auffallend positive Stimmung auf dem Flugzeug erwähnt. Egal ob man die Passagiere, die Kabinenbesatzung oder die Piloten fragt: von allen bekommt man meist ein Lächeln und die Aussage, dass die CSeries echt ein gelungenes Flugzeug ist auf dem das Fliegen einfach Spaß macht. Eine hellere Kabine mit mehr Platz, modernes Design, effizientere Triebwerke, ein ergonomisches Cockpit und viele weitere Gründe machen es wirklich zu einer großen Freude ein weltweit neues Modell einzuflotten. Ich würde mich freuen, den einen oder anderen Leser einmal bei uns an Bord begrüßen zu dürfen und das Cockpit live zu zeigen – es lohnt sich 🙂 Sind zu dem Text Fragen aufgetaucht? Ihr erreicht mich per Mail unter folgender Adresse: Sascha.dangelo@swiss.com
- Winglet der CS100
- Eine CS100 im Final Approach
- Blick ins Cockpit der CS100
- Die Schubhebel des Regionaljets
- Das Cockpit der CS100 – Nachts auf der Parkposition!
- Das HUD der CS100
- Das geräumige Cockpit der CS100
- SMS
- Blick auf die nächtliche Runway aus dem Cockpit!
- Das Control Tuning Panel bei Nacht
- Blick nach vorn! Das HUD erhöht die Situational Awareness der Crew – Das kommt der Besatzung besonders in Situationen wie Bodennebel zugute!
- Cloudsurfing in der CS100
- Sascha im Cockpit “seiner” CSeries!
- Die CS100 in ihrer ganzen Pracht!
- Der Sonnenuntergang vom Sitz des ersten Offiziers!
Wow! Spannender Bericht!