Overbooking: Warum überbuchen Airlines ihre Flüge?
Airline Overbooking: Überbuchungen einfach erklärt! Hallo liebe Leser. Letzte Woche habe ich Euch ein wenig in die Welt des Revenue Managements bei Airlines eingeführt. Heute möchte ich Euch, auch aus aktuellem Anlass, ein weiteres spannendes Thema in diesem Kontext näher bringen. Viele von Euch werden mitbekommen haben, wie vor kurzer Zeit ein Passagier der United Airlines etwas unsanft aus dem Flugzeug bugsiert wurde. Der Vorfall hat sehr hohe Wellen geschlagen. Das Image der Linie wurde wahrscheinlich nachhaltig beschädigt. Nun fragen sich viele: Warum verkaufen Fluggesellschaften mehr Sitze als eigentlich an Bord verfügbar sind? Willkommen in der Welt der Überbuchungen, im Fachsprech auf “Overbooking” genannt!

Eine Boeing 777-200 der besagten United Airlines nach der Landung in Frankfurt.
No-Shows: Warum sind Flüge manchmal überbucht?
Manche Passagiere werden es kennen. Sie haben einen Flug gebucht, stehen am Flughafenschalter und wollen einchecken. Plötzlich wird man damit konfrontiert, dass die Maschine überbucht sei und man gegen eine Entschädigungszahlung auf einen späteren Flug ausweichen könne. Ärgerlich – das Flugzeug hat doch nur eine bestimmte Anzahl an Plätzen! Warum verkaufen die Airlines also mehr Tickets als Sitze in der Maschine vorhanden sind? Auch hier kommt wieder das Revenue Management ins Spiel: Auf den meisten Flügen gibt es sogenannte „No-Shows“, also Menschen, die aus verschiedensten Gründen ihren Flug bezahlt haben, aber nicht antreten, zum Beispiel aufgrund von Krankheit oder weil ein Geschäftstermin kurzfristig geplatzt ist. Ein weiterer möglicher Grund sind sogenannte “missed connections”, also verpasste Anschlussflüge, wenn z.B. der Zubringerflug zu spät war. Die Sitze dieser Passagiere sind dann logischerweise nicht mehr besetzt. So weit, so gut.
Overbooking: Die Balance macht’s
Würde die Fluggesellschaft also auf das Überbuchen verzichten, so würden diese Plätze auch unbesetzt bleiben und der Airline geht potenzieller zusätzlicher Ertrag flöten. Genau das versucht man durch Overbooking zu verhindern. Mit der Hilfe von komplizierten statistischen Modellen, die vor allem auf historischen Daten basieren, versucht man zu determinieren, wie viele Sitze auf einem Flug X an einem Tag Y wohl durch No-Shows unbesetzt bleiben. Genau diese Anzahl an Sitzen wird dann zusätzlich verkauft.
Hierbei die richtige Balance zu finden, ist die eigentliche Kunst: Überbucht man zu wenig, bleiben Sitze frei und der entsprechende Umsatz ist für immer verloren; denn anders als zum Beispiel bei Waren im Supermarkt kann man einen Sitz für einen bestimmten Flug zu einer bestimmten Zeit ja nicht einfach lagern und am nächsten Tag wieder verkaufen. Überbucht man hingegen zu viel, können zwei Szenarien auftreten:
- VDB: “Voluntary Denied Boarding”. Im Falle von einem Overbooking sucht die Fluggesellschaft am Gate nach Passagieren, die ihren Sitz freiwillig aufgeben. Das klappt in den meisten fällen auch recht gut. Die Option 2. wird für die Airline dann schon etwas teurer:
- IDB: “Involuntarily Deny Boarding”. Manchmal findet sich kein Freiwilliger, der seinen Flugplatz aufgeben will. In diesem Falle muss man wohl oder übel einen (oder mehrere) Fluggäste vom Flug ausschließen. Das kostet Geld, denn nicht nur das Flugticket muss erstattet werden, sondern die Fluggesellschaft muss sich nun auch um einen Weitertransport der verprellten Fluggäste kümmern. Das kann manchmal sogar bedeuten, dass dem Passagier ein Flugticket bei der Konkurrenz besorgt werden muss.
Welche Rechte hat der Passagier im Fall von Overbooking?
Zusätzlich zu den oben genannten Punkten muss der Passagier im Falle einer Überbuchung entschädigt werden. Das kann, je nach Flugstrecke, 250 Euro, 400 Euro oder 600 Euro kosten. Dies gilt aber nur, wenn der Passagier mehr als drei Stunden auf seinen Ersatzflug warten muss. Bei weniger als drei Stunden Wartezeit steht dem Fluggast die Hälfte zu. In bestimmten Fällen steht dem Gast auch ein Schadensersatz zu. So zum Beispiel, wenn dem Passagier durch das Overbooking ein finanzieller Schaden entsteht. Dazu kommen auch etwaige Hotelübernachtungen und Verpflegungskosten die dem Fluggast zustehen.
Generell kann man jedoch sagen, dass sich das Überbuchen in finanzieller Hinsicht für die Fluggesellschaften lohnt. Das Overbooking erhöht die durchschnittliche Auslastung und den Ertrag pro Flug. Auch für die Umwelt ist das garnicht mal so übel: ein voll ausgelastetes Flugzeug ist besser als zwei halb ausgelastete. 😉 Ihr braucht Euch übrigens keine allzu großen Sorgen machen, dass ihr vor eurem nächsten Flug strandet: Die Überbuchungssysteme der Airlines sind äußerst ausgeklügelt, somit kommt es sehr selten vor, dass ein Fluggast seinen Flug unfreiwillig nicht antreten kann (laut Southwest Airlines bei 0,01 Prozent aller Flüge).
Das war es für heute mit dieser kleinen Portion Luftfahrtwissen. Dieses Thema (und viele andere) wird übrigens auch in meinem Buch 101 Dinge, die man über die Luftfahrt wissen muss behandelt. Finden könnt ihr das Buch unter der ISBN 3956133986 beim Buchhändler eures Vertrauens oder bequem bei Amazon unter diesem Link!
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Wieder ein sehr interessantes Thema. Danke für den informativen Beitrag!
LG JJacky
Danke für die Infos!
Dafür nicht. Schön, dass Du da warst. 🙂
Bin immer gerne da 😉
Toller Blog und richtig gute Infos!
“Zusätzlicher Ertrag” ist hier das Zauberwort?!
Ich weiß nicht, wo da der zusätzliche Ertrag liegt, wenn die Fluggesellschaft dem Fluggast Ersatzflug, Unterbringung und Verpflegung zahlen muß. Die Passagiere, die ihren Flug wegen Krankheit oder anderer Vorkommnisse nicht antreten können, haben doch schon den Flug (und somit den Sitzplatz) bezahlt. Also kann doch der Gesellschaft kein Schaden entstehen. Aber eben den Hals nicht vollkriegen, so stellt es sich mir dar.
Diese Überbuchungen habe ich zwar schon von Hotels gehört, aber bei Charterflügen über Reiseveranstalter noch nicht.
Der Urlaub wäre wohl auch versaut!
Anmerken möchte ich aber noch, dass mir Dein Blog gefällt und für mich sehr informativ ist.?
G. l. G. Jochen
Hallo Jochen,
der Nutzen für die Airlines ist schon gegeben, d.h. es passiert sehr selten, dass zu viel überbucht wird. Das hat wenig mit “Hals nicht vollkriegen” zu tun, vielmehr will man die vorhandene Kapazität in Form von Sitzen optimal auslasten. Das Airline Geschäft ist hart, deswegen müssen die Airlines jegliche Revenue Quelle optimal ausschöpfen um ob der Konkurrenz nicht unterzugehen.
Natürlich ist es oft unschön wenn man wegen einer Überbuchung strandet. Aber gerade als Urlauber dem es nicht auf ein paar Stunden ankommen muss kann man auch sehr von der Situation profitieren in Form der finanziellen Entschädigung (die durchaus hoch sein kann) und Fluggutscheinen.
Ich freue mich sehr, dass dir mein Blog gefällt. Bus hoffentlich bald wieder.
LG
Aaron