A320 – Mitflug im Cockpit von Wien nach Nürnberg!
Mein Mitflug im Cockpit eines Airbus A320! Servus, liebe Leser. Ich bin es mal wieder. Während ich diese Zeile schreibe, schaue ich aus dem Fenster unserer Wohnung in meiner neuen Heimat Wien. Durch einen glücklichen Zufall hat es sich ergeben, dass ich mein berufliches Dasein zumindest bis Ende Februar in der wirklich wunderschönen Donaustadt fristen darf. Doch das soll heute nicht das Thema sein, denn es gibt aufregenderes zu berichten!
Heute möchte ich endlich mal wieder mit Euch fliegen gehen. Im Rahmen eines TV-Dokumentationsprojektes für meine Firma durfte ich zwei Piloten bei ihrem täglichen Handwerk über die Schulter schauen. So kam es, dass ich die Crew für einen Arbeitstag, also insgesamt vier Flüge, begleiten durfte. Auf dem Jumpseat (also dem Beobachtersitz im Cockpit, näher erklärt in diesem Artikel) eines Airbus A320-200 ging es von Flughafen Wien zuerst nach Nürnberg und zurück. Danach sollte es uns in wärmere Gefilde ziehen, zweieinhalb Stunden gen Südwesten an den Aeropuerto Adolfo Suárez Madrid-Barajas. Meine Erlebnisse will ich in einer kleinen Serie mit Euch teilen. Heute geht es ganz vorne vom Flughafen Wien Schwechat (VIE/LOWW) an den Albrecht Dürer Flughafen Nürnberg. Also: Viel Spaß. Cleared for Take-Off!

Das sog. Overhead Panel im Cockpit des Airbus A320-200. Hier können die Piloten etliche Systeme Bedienen, zum Beispiel die Hydraulik, die Treibstoffpumpen, die Anti-Ice Vorrichtungen und auch die Lichter.
Ein wunderbarer Tag bricht an
Zugegegebenermaßen sollte es bis zur Startfreigabe noch ein wenig dauern. Denn zuerst weckte mich der schrille Ton meines Handyweckers recht forsch aus meinem Schlaf. Beim ersten schlaftrunkenen Blick auf die Uhr dachte ich, noch halb schlafend, an einen schlechten Scherz. 03:15!

Ich machte mich frisch und warf mich in Schale. Einen weiteren Kaffee und ein kleinesFrüshtück später saß ich in der Regionalbahn. Um diese frühe Zeit des Tages war das Gefährt aus Schienen angenehm leer! Ich teilte mir mein Abteil mit einer quitschenden Tür und ein paar Werbeprospekten. Den Flugplatz erreichten wir sicher und pünktlich. Das Bürogebäude der Fluggesellschaft war dunkel und verlassen. Scheinbar: Im Briefingraum der Airline herrschte schon reges Treiben rund um die Vorbereitungen der morgendlichen Flüge!
Vorbereitungen für den Mitflug im Cockpit!
Nun stand auch das Briefing für unseren Flug nach Nürnberg an. In diesem Briefing geht der Kapitän mit der übrigen Besatzung alle Besonderheiten des heutigen Flugtags durch und holt sich zusammen mit dem ersten Offizier unter anderem die neusten Wetterinformationen ein. Außerdem erhält die Crew vom sogenannten “Dispatching” die Flugroute nach Nürnberg. “Meine” Crew bestand heute aus einem Kapitän mit ganzen 35 Jahren und über 16.000 Stunden Flugerfahrung, die er in drei Kontinenten sammeln durfte. Die Kopilotin fliegt seit nunmehr einem halben Jahr kreuz und quer durch Europa. Der Rest setzte sich aus drei Flugbegleiterinnen und einem Flugbegleiter zusammen – Sehr freundliche Leute.
Viel Zeit zum Kennenlernen blieb am Boden nicht, denn der Crewbus war bereits bestellt. Wir machten uns auf den Weg zur Sicherheitskontrolle und zu unserem Flugzeug. Unser fliegender Untersatz war ein gerade einmal drei Jahre alter Airbus A320-214 in einem top Zustand! Der Kapitän und die erste Offizierin nahmen Platz im Cockpit. Ich fuhr den Jumpseat aus, klappte ihn auf und setzte mich gleich hinter den Piloten auf meine vier Buchstaben und beobachtete das rege Treiben.

Von links nach rechts: Der Hebel für die “Speed Brakes”, also die Störklappen des Airbus A320. Rechts daneben befinden sich die Anlasser für die Triebwerke und die Trimmung für das Seitenleitwerk. Der große Hebel ganz rechts bedient die “Flaps”, also die Landeklappen die zur Erhöhung des Auftriebs bei niedrigen Geschwindigkeiten dienen.
Ready for Pushback!
Gewissenhaft gehen die Piloten alle Checklisten durch. Pilot Flying, also die fliegende Pilotin, die das Flugzeug steuert, ist auf diesem “Leg” die erste Offizierin. Der Kapitän bediente auf dem Flug nach Nürnberg die Rolle des “Pilot Monitoring” und war somit unter anderem für den Funk verantwortlich.
Nach wenigen Minuten war das Flight Management System (FMS), also das elektronische Gehirn unseres Airbus A320, mit allen Daten wie der Flugroute, der Gewichtsverteilung und Spritmenge (heute circa 5 Tonnen) gefüttert und das Cockpit für das Rollen zum Runway vorbereitet. Wie das FMS genau funktioniert könnt ihr hier nachlesen.
Nun kann es eigentlich los gehen. Doch natürlich geht nicht ohne die Freigabe der Fluglotsen. Also holte sich die Kopilotin die Streckenfreigabe und wenig später die Erlaubnis zum “Pushback”. Da Flugzeuge nicht rückwärts rollen können, drückte uns also ein “Pushback-Truck” von unserem Gate weg.
Dabei wurden die Triebwerke angelassen. Zuerst Triebwerk Nummer zwei auf der rechten Seite. Dieses liefert nämlich den “Saft” für das wichtigste hydraulische System. Ein paar Momente später laufen beide Motoren und wir bekommen die Freigabe, um zur Start-und Landebahn 29 zu rollen.
Cleared for Takeoff Runway 29!

Über 400 Tonnen geballte Power!
Natürlich hatten nicht nur wir vor an diesem Tag zu fliegen, und so stellten wir uns Geduldig hinter ein paar vorausfliegenden Jets an. Dann kamen auch wir an die Reihe und bekamen zuerst die Freigabe für das “Lineup”, also das Einschwenken auf die Piste 29. Hinter uns lauerte ein riesiger Boeing 747-8 Frachter von Cargolux. Ein herrlicher Anblick!
Nun kam der Moment, auf den ich mich jedes Mal wie ein kleines Kund freue. Wir sind “Cleared for Takeoff” und dürfen starten. Der Kapitän greift zu den Schubhebeln, drückt sie zuerst leicht nach vorne. Keine Unregelmäßigkeiten – Die Hebel gehen nach vorne und unsere CFM56 Triebwerke heulen auf und geben Takeoff Power! Jedes Mal ein tolles Gefühl. Wir beschleunigen koninuierlich. “V1 – Rotate“!
Die Kopilotin zieht den Sidestick leicht nach hinten und die Nase des A320 hebt sich mit zirka 3 Grad pro Sekunde. Wir verlassen den Boden. Wenig später ruft sie “Gear up”, woraufhin der Kapitän das Fahrwerk einfahren. Mein Mitflug im Cockpit nach Nürnberg begann!

Links erkennt ihr im Navigation Display einen Teil unserer Route und unsere Startbahn, von der wir uns unmittelbar nach dem Takeoff nach links wegbewegten. Auf dem Primary Flight Display (rechts) kann man lesen, dass wir fast 250 Knoten schnell sind und uns gerade in 4.700 Fuß höhe befinden, das alles bei einer Steigrate von Flotten 3.000 Fuß die Minute!
Der Sonne entgegen!
Die Standard Instrument Departure Route führte uns direkt nach dem Abheben in eine Linkskurve. Nach einer bestimmten Flughöhe wurde die Nase gesenkt, um zu beschleunigen (unter 10.000 Fuß allerdings nicht auf mehr als 250 Knoten) und schrittweise die Flaps einzufahren.
Wenige Minuten später durchbrachen wir den grauen Dunst aus Wolken und erlebten den Moment der Fliegen so schön macht. Die aufgehende Sonne zeigte sich in ihrer schönsten Pracht und tauchte die Wolken unter uns in ein buntes morgendliches Meer.
Diesen Anblick können wir allerdings nicht allzu lang genießen, denn so ein Hüpfer von Wien nach Nürnberg ist schnell geflogen. So wies uns die Flugsicherung nach einiger Zeit an, unsere Reiseflughöhe von 26.000 Fuß zu verlassen. Gesagt getan: Langsam aber sicher verabschiedeten wir uns von der Sonne und tauchten zurück in die graue Suppe ein.
Approaching Nürnberg!

Im Sinkflug
Im Anflug auf Nürnberg ging die Crew ihr Briefing für die Landung durch. Hier wird alles sorgfältig durchgegangen, also das Verfahren im Falle eines Durchstartens, Ausweichflugplätze (heute zum Beispiel Stuttgart) und vieles Mehr. Heute sollte es in Nürnberg auf die Piste 28 gehen. Wir sanken unter 10.000 Fuß, also: Geschwindigkeit runter und Landescheinwerfer raus. Der Wind war recht launisch und die Wolkendecke hing sehr tief.
Als die charakteristische Airbus Callout Stimme “Twothousand Fivehundred” Fuß über Grund meldete war eine Landebahn noch nicht in Sicht. Natürlich ist das kein Problem. Dank des Instrumentenlandesystems (ILS) wissen die Piloten auch bei bescheidener Sicht jederzeit, wo sie sich in Relation zur Landebahn befinden. Bis die Landebahn in Sicht ist, behält der Autopilot die Kontrolle über das Flugzeug.

Noch haben beide Autopiloten das “Kommando” und fliegen den “Final Approach”, also den Endanflug, automatisch ab.
In 2.000 Fuß über Grund durchbrechen wir die Wolkenschicht und der Flughafen Nürnberg ist in Sicht! Die Kopilotin schaltet die automatische Schubsteuerung und den Autopiloten aus und übernimmt die Kontrolle unseres 53 Tonnen schweren Gefährts. Das Ausschalten des Autopiloten bestätigt der Airbus A320 mit dem typischen “CAVALRY CHARGE” Geräusch, gefolgt vom charakteristischen “Triple Click”. Dieses ertönt in vielen Situationen. Hier signalisierte es einfach, dass der Anflugsmodus von CATIII auf CATI heruntergestuft wurde (mehr zu dieser Systemlogik hier).

“Runway in sight!”
ECAM Memo landing, no blue!
Wir nähern uns langsam der Runway. Das Fahrwerk und die Flaps waren bereits ausgefahren. Auch die Speedbrakes waren “armed”, damit sie, sobald das Flugzeug Bodenkontakt hat, automatisch ausfahren. Diese Einstellungen werden in grün auch im sogenannten “Electronic Centralized Aircraft Monitoring” Display”, dem ECAM, angezeigt. Mit dem ECAM können die Piloten alle Systeme des Flugzeuges überprüfen und sich Triebwerksparameter anzeigen lassen. Passend zu der Flugphase würde das ECAM Dinge in Blau anzeigen, die noch erledigt werden müssten, zum Beispiel wenn vor der Landung das Fahrwerk noch nicht ausgefahren wurde. “Landing Checklist: ECAM Memo landing no blue” – Alles im grünen Bereich!

Das Wetter war nicht gerade freundlich – Aber alles im Rahmen!

“Minimum” – “Landing!”
Die Landung steht nun unmittelbar bevor. Während des “final approach”, also dem Endanflug, zählt die Stimme aus dem Computer die Höhe langsam herunter. “five hundred, four hundred, three hundred, two hundred – MINIMUM”. “Minimum” ist die Entscheidungshöhe bei der Landung. Würde der Anflug hier nicht stabilisiert sein, oder sonstige Hindernisse eine sichere Landung gefährden, so würde durchgestartet werden. Heute läuft alles perfekt. “Landing!”. Nur noch wenige Meter trennen uns vom Boden.
“Fifty, Fourty, Thirty, Twenty “RETARD, RETARD!” Mit Retard will das Ground Proximity Warning System uns nicht als zurückgeblieben beleidigen. Es signalisiert lediglich, dass nun der Triebwerkschub zurückgenommen werden sollte, also tat das die Kopilotin und zog gleichzeitig die Nase ein wenig nach oben, um die Sinkrate des A320 für die Landung etwas zu reduzieren. Dieser Flare ließ die Maschine sanft aufsetzen.
Willkommen in Nürnberg!
Wir sind gelandet. Die erste Etappe eines für mich sehr aufregenden Tages und meinem Mitflug im Cockpit fand langsam aber sicher ihr Ende. Fast! Denn nun tuckerten wir gemütlich unserer Parkposition entgegen und wurden dabei von einem “Follow-me-Car” eskortiert. Unser Bodenaufenthalt fällt heute recht kurz aus, deswegen blieb uns nicht viel Zeit für Smalltalk. Also: Passagiere raus, und Walkaround um das Flugzeug! Hierbei kontrolliert der Pilot monitorng, was auf dem Rückflug nun unsere Kopilotin sein wird, fest definierte Punkte am Flugzeugäußeren. Sind die Reifen okay? Sind die Triebwerke einwandfrei? Tropft irgendwo etwas herunter, wo nichts tropfen sollte? Alles in Ordung.

In Nürnberg war es um einiges kälter als in Wien. Schnell weg!!

“Takeoff!” – Beim Mitflug im Cockpit die für mich beste Phase!
Die Passagiere boardeten schon. Zurück fliegt uns nun der Kapitän, während die Kopilotin den Funk übernimmt.
Üblicherweise wechseln die Kapitän und Erster offizier in ihren Aufgaben ab.
Das Rollen zurück zum Runway 28 fiel recht kurz aus. Wir erhielten die Startfreigabe. Hebel nach vorne, Takeoff! Wir beschleunigen zügig und wenig später zieht der Kapitän seine Maschine hoch!
Wir verlassen den Boden, fahren das Fahrwerk ein und fliegen eine Rechtskurve, immer gen Südösten donnern wir Wien entgegen. Das Wetter war auf unserer Seite, und so trug uns ein ordentlicher Rückenwind flott der Heimat entgegen. Schon bald ging es nach Madrid, doch davon möchte ich Euch im nächsten Teil von meinem Mitflug im Cockpit berichten!
Mein Mitflug im Cockpit!
Ich hoffe, dass es Euch Spaß gemacht hat, mich bei meinem Mitflug im Cockpit des Airbus A320 zu begleiten. Wenn ihr mehr aus dem Cockpit und über die Arbeit von Verkehrspiloten wissen wollt, dann lege ich Euch folgende Artikel ans Herz:
- Zwei Gastartikel von meinem Kumpel Sascha, in dem er Euch zeigt wie es ist, Pilot bei der SWISS zu sein. Im Ersten Artikel nimmt er Euch mit ins Cockpit seiner Avro. Im zweiten Artikel hat Sascha auf die CS100, das wohl modernste Kurzstreckenflugzeug, umgesattelt.
- Ein Artikel von meinem Kumpel Phil, Boeing 747 Pilot bei der Lufthansa. In seinem Artikel nimmt er Euch im Cockpit mit von Frankfurt nach Tokio.
Das war es mit meinem Mitflug im Cockpit. Jeden Freitag gibt es auf Pilotstories eine neue gaballte Portion Luftfahrt. Folgt mir deswegen gerne auf Facebook und Instagram oder abonniert meinen Newsletter per E-Mail (Box unten), um auf dem Laufenden zu bleiben. Bis zum nächsten Mal und Happy Landings.
Sehr interessant – danke!
Freut mich, dass der Artikel dir gefallen hat. 🙂