Ein Tag im Leben eines Boeing 737-800 Copiloten – Teil 1
Hallo ihr lieben. Es ist wieder Freitag, also: Zeit für einen neuen Artikel. Diesmal nicht von mir, sondern von einem guten Kumpel, der seit einiger Zeit Copilot auf der Boeing 737-800 bei einer großen europäischen Fluggesellschaft ist. Also: Schnallt Euch an, heute geht es im Cockpit in den Süden nach Palma de Mallorca.
Kaffee – Der eigentliche Treibstoff!
Erster Tag auf Earlies… Auch wenn ich es liebe Pilot zu sein, der Morgen ist hart- sehr hart! Stundenlanges wälzen im Bett bis man endlich eingeschlafen ist, um andauernd aufzuwachen aus Panik den Wecker zu verschlafen. Aber ich bin wach und „Ready for Take-off“.
Auf dem Weg zum Flughafen nochmal eben checken, ob alles stimmt. Verpflegung – eingepackt; Ipad – eingepackt; Medical, Lizenz, Reisepass – eh immer dabei. Noch einmal schauen, ob die Streifen richtig sitzen und der Anzug nicht verknittert, alles sitzt. Am Airport nur noch schnell durch die Sicherheitskontrolle huschen und schon die ersten neugierigen Blicke erhaschen. Im Kopf denke ich mir nur „Ja, ich bin der Pilot“ und freue mich dann doch da ich stolz darauf bin, nach jahrelanger harter Arbeit mein Ziel erreicht zu haben.
„Jetzt erstmal einen Kaffee!“. An der Coffebar kaufe ich mir einen großen und besonders starken Kaffee, denn ich brauche heute noch einen klaren Kopf. Ich steige die zwei Treppen noch nach oben und ich bin im Crewraum angekommen. An der Workstation drucke ich mir alles Nötige für den heutigen Tag aus. Flugplan, Wetterbericht, NOTAMS und der Plan für die Kabinenbesatzung. NOTAMS sind Besonderheiten, die den Flug betreffen und entgegen der Annahme, dass dies selten der Fall sei: Es kommt jeden Tag vor. Irgendwas ist eben immer. Besonderheiten des Fluges selber, Ausfälle an Flughäfen und Baustellen sowie Änderungen für das An-/Abflugverfahren. Auf dem Plan für die Kabinenbesatzung ist zu sehen an welcher Position sich das Flugzeug befindet, die Flugzeit, Passagieranzahl, Flugroute und das Wetter am Zielort sowie in der Luft, falls es doch mal zu Turbulenzen kommt. Immerhin möchte ich ja keine kreischenden Passagiere!
Eine gute Flugvorbereitung – Das A und O!
Ich sortiere alle Unterlagen zusammen, damit ich diese mit meinem Kapitän durchsprechen kann. Denn alle diese Daten entscheiden wie viel Sprit wir tanken. Schnell den Dispatcher anrufen, um auch ihm unser Gewicht und die Flugzeit mitzuteilen, damit dieser den Beladungsplan vorbereiten kann. Ohne seinen Plan geht nichts, denn er bestimmt den Schwerpunkt unseres Flugzeuges. Wenn sich der Schwerpunkt nicht mehr in den Limits befindet, muss er nochmal neu berechnet werden. Wenn das entsprechende Gewicht und der Schwerpunkt ermittelt ist, wird der Trim eingestellt, der für die reibungslose Steuerung des Flugzeuges sorgt.
Jetzt noch das Briefing mit der Kabinenbesatzung, damit auch diese über den Tagesablauf informiert sind. Wir gehen gemeinsam zum Flugzeug und halten kurz davor noch einmal an, denn die Türen öffnen dürfen nur die Piloten. Ich setze mich gemeinsam mit meinem Kapitän ins Cockpit und fahre das Flugzeug hoch. Oft macht dies der Techniker, aber heute war dieser noch nicht da, also müssen wir ran.
Cleared for Takeoff!
Währenddessen bereitet die Kabinenbesatzung alles für Catering, Dutyfree und für den Notfall vor. Der Pilot Flying bleibt im Cockpit und kümmert sich um Sicherheitschecks, das Feuersystem, Notfallequipment und programmiert den Bordcomputer mit der Flugroute, Winden, Geschwindigkeiten und Gewichten. Ich bin auf dem Hinflug der Pilot Monitoring und mache den Check draußen. Ich geh um das Flugzeug rum und checke, ob alles in Ordnung ist. Das bedeutet, dass keine Beulen, Risse und abgebrochene Teile vorhanden sind und dass es nirgendwo tropft. Die Lichter funktionieren, die Bremsen sind in Ordnung und in den Triebwerken sind keine nistenden Vögel. Wichtig sind die Static ports und Pitotprobes, denn diese dürfen nicht verstopft sein, da diese für die Höhen- und Geschwindigkeitsmessung verantwortlich sind. Es sieht alles super aus und ich steige wieder ein.
Das Boarding startet, wir sitzen im Cockpit und führen die letzten Checks durch. Der Dispatcher kommt zu uns und übergibt uns das Loadsheet. Auf dem Loadsheet stehen allerlei Informationen, die zum Beispiel darüber Aufschluss geben, wie die Passagiere und die Fracht im Flugzeug verteilt sind. Alles in Ordnung, also kann es endlich losgehen. Aus Sicherheitsgründen wird erst die Tür des Cockpits geschlossen und dann die Flugzeugtür. „Request push and start and clearence to Palma de Mallorca, bitte“. Unser Flieger wird zurück gepushed und wir starten unsere Triebwerke. Wir rollen auf die Bahn und es kann endlich losgehen. Nach 1800m und 250km/h heben sich 71Tonnen in die Lüfte. Ich fahr das Fahrwerk ein und mache die Landelichter aus. In einer Rechtskurve fliegen wir durch die graue Wolkendecke in Richtung Süden. Kurz danach brechen wir aus den Wolken und die Sonne scheint! Wieder einmal Cloudsurfing, genau in diesem Moment wird mir bewusst: Aus diesem Grund fliege ich. Fortsetzung folgt…
Luftfahrt trifft Mode!
Das war es erst einmal für diese Woche. Im zweiten Teil erfahrt ihr, wie es auf dem Flug nach Palma de Mallorca weitergeht. Bis dahin: Happy Landings! Wenn ihr mehr aus dem Cockpit und über die Arbeit von Verkehrspiloten wissen wollt, dann lege ich Euch folgende Artikel ans Herz:
- Zwei Gastartikel von meinem Kumpel Sascha, in dem er Euch zeigt wie es ist, Pilot bei der SWISS zu sein. Im Ersten Artikel nimmt er Euch mit ins Cockpit seiner Avro. Im zweiten Artikel hat Sascha auf die CS100, das wohl modernste Kurzstreckenflugzeug, umgesattelt.
- Ein Artikel von meinem Kumpel Phil, Boeing 747 Pilot bei der Lufthansa. In seinem Artikel nimmt er Euch im Cockpit mit von Frankfurt nach Tokio.
Anzeige Übrigens: Mein Kumpel und einer seiner fliegenden Kollegen haben sich vor kurzem mit einer netten Idee selbstständig gemacht: Sie verkaufen schicke Armbänder mit kleinen Flugzeugen aus Carbon. Schaut gerne mal in ihren Online Shop. Bei der Bestellung bekommt ihr mit dem Code “PILOTSTORIES5OFF” 5 Euro Rabatt!
Jeden Freitag gibt es auf Pilotstories eine neue gaballte Portion Luftfahrt. Folgt mir deswegen gerne auf Facebook und Instagram oder abonniert meinen Newsletter per E-Mail (Box unten), um auf dem Laufenden zu bleiben. Bis zum nächsten Mal und Happy Landings.
Sehr informativ, gut geschrieben, Dankeschön 🙂